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Verbände: Nächste Regierung muss Sozialstaat reformieren

RVaktuell 1/2025

Vor der Bundestagswahl fordert die Nationale Armutskonferenz (NAK) umfassende Reformen bei den sozialen Sicherungssystemen und besonders bei der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen. Armutsbekämpfung müsse ein „konkretes und sicher finanziertes sozialstaatliches Ziel“ sein, heißt es in dem Bericht, den die Verbände der Wohlfahrtspflege gemeinsam in Berlin vorstellten. Der Zugang zu sozialen Leistungen müsse nicht nur vereinfacht, sondern auch entstigmatisiert werden. Mehr als ein Drittel der Betroffenen nimmt demnach Leistungen gar nicht in Anspruch – teils aus Unwissen, teils aus Scham. Im Jahr 2022 waren in Deutschland 17,7 Millionen Menschen und damit mehr als ein Fünftel der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wie aus dem Bericht hervorgeht. Alleinlebende Menschen, Alleinerziehende und Familien mit drei oder mehr Kindern seien besonders häufig betroffen. Frauen seien nach wie vor stärker gefährdet als Männer – vor allem von Altersarmut. Schwerpunkte in ihren Vorschlägen setzt die Armutskonferenz deshalb u.a. bei den Themen Gesundheit und Familie. Gerade die Gesundheitsvorsorge orientiere sich zu sehr an den Bedürfnissen der Mittelschicht, heißt es. Dagegen könnten niedrigschwellige Angebote in sozialen Brennpunkten, in Wohnquartieren, aber auch z.B. im Jobcenter helfen. Um medizinische Versorgung zugänglicher zu machen, empfehlen die Verbände auch Informationen in leichter Sprache und einen bundesweiten Dolmetscherdienst. Auch in den Schulen könne das Thema Gesundheit ausgebaut werden. Armut ziehe sich als Familiengeschichte häufig durch mehrere Generationen. Kinder aus armen Familien hätten es in der Schule und beim Berufseinstieg besonders schwer. Die NAK wirbt deshalb für eine Kindergrundsicherung, die aber auch ausreichend finanziert sein müsse. „Sehr hilfreich für die Betroffenen wäre, alle Leistungen, auf die bisher Anspruch besteht, aus einer Hand als eine durchgehende Leistung zu gewährleisten“, teilen die Verbände mit.

Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, kritisiert stigmatisierende Äußerungen über Leistungsempfänger im Wahlkampf. Das verstärke die Scham. „Ich fordere die Einberufung eines Sozialgipfels direkt nach der Wahl, um Sozialleistungen zugänglicher und armutsfest zu machen.“ Als armutsgefährdet gilt in Deutschland nach einer von mehreren unterschiedlichen Definitionen, wer weniger als 60 % des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Im Jahr 2022 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person bei einem Jahreseinkommen von unter 15 765 EUR. 2022 waren laut NAK 26,4 % der Alleinlebenden und 23,7 % der Alleinerziehenden-Haushalte armutsgefährdet. Bei Familien mit drei oder mehr Kindern lag die Quote bei 22,7 %.

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