RVaktuell - Fachzeitschrift und amtliche Mitteilungen
RVaktuell - Fachzeitschrift und amtliche Mitteilungen der Deutschen Rentenversicherung

Das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 28.6.2022 – Zur Reform der Mini- und Midijobs ab 1.10.2022 –

RVaktuell 5/2022
Zum 1.10.2022 sind Neuregelungen zu den geringfügigen Beschäftigungen und zum Übergangsbereich in Kraft getreten, die zu Recht als „Reform“ bezeichnet werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über zentrale Aspekte, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben (vgl. Fn. 1).
Robert Niemann ist Mitarbeiter im Dezernat Versicherungs- und Beitragsrecht (Inland)/Abt. Grundsatz der Deutschen Rentenversicherung Bund.

1. Bestandsaufnahme – und ein Blick zurück 1 1 Ergänzend sei auf die aktuellen Veröffentlichungen der Sozialversicherungsträger verwiesen, insbesondere auf die Geringfügigkeits-Richtlinien in der Fassung vom 16.8.2022 sowie das Rundschreiben „Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Behandlung von Beschäftigungsverhältnissen im Übergangsbereich nach § 20 Abs. 2 SGB IV ab dem 01.10.2022“ vom 16.8.2022.

Für in geringfügigem Umfang ausgeübte Beschäftigungen galten bis zum 30.6.1977 für die Kranken- und Rentenversicherung im Wesentlichen übereinstimmende Begriffsbestimmungen (vgl. § 168 und § 1228 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 2 und 3 Reichsversicherungsordnung – RVO, § 4 Abs. 1 Nr. 5 und 6, Abs. 2 und 3 Angestelltenversicherungsgesetz – AVG – und § 30 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 2 und 3 Reichsknappschaftsgesetz – RKG); den Begriff „geringfügige Beschäftigung“ selbst allerdings gab es noch nicht. Stattdessen fand sich der Begriff „Nebenbeschäftigung“, mit dem zum Ausdruck kam, dass regelmäßig das Vorliegen einer „Hauptbeschäftigung“ vorausgesetzt wurde.

Mit dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) wurde zum 1.7.1977 der Begriff der „geringfügigen Beschäftigung“ eingeführt, für die das Vorliegen einer Hauptbeschäftigung keine Relevanz mehr hatte. Eine Beschäftigung galt ab diesem Zeitpunkt als geringfügig, wenn das Monatsentgelt ein Fünftel der monatlichen Bezugsgröße, bei höherem Arbeitsentgelt ein Fünftel des Gesamteinkommens nicht überstieg. 1979 wurde erstmals ein fester Grenzbetrag in Höhe von 390 DM festgesetzt und es wurde eine zeitliche Obergrenze von 15 Stunden pro Woche eingeführt. In den Folgejahren wurden die Voraussetzungen für das Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung mehrfach geändert. Seit 1999 wird die geringfügige Beschäftigung an einen festen DM- bzw. Eurobetrag, der regelmäßig nicht überschritten werden darf, gekoppelt (zunächst 630 DM/325 EUR). Neu war zudem, dass bei einer geringfügigen Beschäftigung pauschale Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten waren, zunächst allein vom Arbeitgeber. Zum 1.4.2003 wurde die Verdienstgrenze auf 400 EUR angehoben und die zeitliche Obergrenze von höchsten 15 Wochenstunden abgeschafft. Ab 2013 wurde die Verdienstgrenze auf 450 EUR angehoben und die geringfügig Beschäftigten wurden der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) unterworfen mit der Möglichkeit, sich von dieser Versicherungspflicht befreien zu lassen. Sofern von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht wird, besteht Versicherungs- und Beitragspflicht, wobei der Arbeitgeber 15 % und der geringfügig Beschäftigte die Differenz zum aktuellen Beitragssatz trägt; bei Beschäftigungen im privaten Haushalt galten und gelten hinsichtlich der Verteilung der Beitragslast abweichende Regelungen. Seit 1.10.2022 beträgt der Entgeltbetrag, bis zu dem eine geringfügige Beschäftigung vorliegt (Minijob), 520 EUR.

Die Anzahl der Minijobber im gewerblichen Bereich, d.h. der nicht in Privathaushalten beschäftigten Personen, beträgt nach der aktuellen Statistik der Minijob-Zentrale ca. 6,5 Millionen, davon sind knapp 20 % rentenversicherungspflichtig. Außerdem sind ca. 280 000 Personen in Privathaushalten als Minijobber beschäftigt, davon ca. 13 % rentenversicherungspflichtig 2 2 Minijob-Zentrale, 2. Quartalsbericht 2022, S. 4-5. .

Seit 1.4.2003 schließt sich an die Entgeltgeringfügigkeitsgrenze ein zunächst als „Gleitzone“, seit 1.7.2019 als „Übergangsbereich“ bezeichneter Bereich an. Eine Beschäftigung in diesem Bereich (Midijob) liegt vor, wenn das monatliche Arbeitsentgelt ab 2003 800 EUR, ab 2013 850 EUR und ab 1.7.2019 1 300 EUR nicht überschritt. Seit dem 1.10.2022 beginnt der Übergangsbereich oberhalb der neuen Geringfügigkeitsgrenze von 520 EUR und endet bei 1 600 EUR. In diesem Bereich werden die Arbeitsentgelte für die Berechnung des Arbeitnehmerbeitragsanteils vermindert, so dass Arbeitnehmer geringere Beiträge zu zahlen haben.

2. Die Reform 2022

2.1 Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag 2021-2025 haben die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP vereinbart: „Bei den Mini- und Midi-Jobs werden wir Verbesserungen vornehmen: Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, wollen wir abbauen. Wir erhöhen die Midi-Job-Grenze auf 1 600 Euro. Künftig orientiert sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des Mindestlohns auf 520 Euro erhöht. Gleichzeitig werden wir verhindern, dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle insbesondere für Frauen werden. Die Einhaltung des geltenden Arbeitsrechts bei Mini-Jobs werden wir stärker kontrollieren.“ 3 3 Koalitionsvertrag 2021-2025, S. 55.

2.2 Die gesetzlichen Neuregelungen für Minijobs

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ der Bundesregierung (BT-Drucks. 20/1408) vom 13.4.2022 formulierte als Ziel des Gesetzes, „mit einer Anhebung des Mindestlohns die bestehenden Entwicklungspotentiale zu nutzen und einen angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen.“

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ der Bundesregierung (BT-Drucks. 20/1408) vom 13.4.2022 formulierte als Ziel des Gesetzes, „mit einer Anhebung des Mindestlohns die bestehenden Entwicklungspotentiale zu nutzen und einen angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen.“ 4 4 BT-Drucks. 20/1408, S. 1. . Dabei wurde als Problem benannt, dass eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 12 EUR bei geringfügig Beschäftigten, die weiterhin geringfügig beschäftigt sein möchten, eine Reduzierung der Arbeitszeit erforderlich machen würde, wenn durch die Erhöhung des Mindestlohnes die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird. Um das zu vermeiden, wurde die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientiert, d.h. auf 520 EUR monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet. Gesetzlich erstmals normiert wurde zudem die Möglichkeit des unvorhersehbaren Überschreitens bis zum Doppelten der Geringfügigkeitsgrenze für maximal zwei Monate innerhalb eines Zeitjahres, ohne dass die Geringfügigkeit entfällt.

Die gesetzlichen Regelungen zu Beschäftigungen, die aufgrund von Kurzfristigkeit geringfügig sind, sind nicht geändert worden; jedoch ist für die Prüfung der Berufsmäßigkeit nunmehr ebenfalls die neue entgeltliche Geringfügigkeitsgrenze maßgeblich (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

  • Versicherungsrecht

Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet. Die Geringfügigkeitsgrenze ist aufgrund der gesetzlichen Neuregelung nunmehr dynamisch und orientiert sich am gesetzlichen Mindestlohn. Dadurch sollen künftige Anhebungen des gesetzlichen Mindestlohnes die weitere Ausübung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von bis zu zehn Stunden ermöglichen, ohne dass die Geringfügigkeit entfällt. Die Geringfügigkeitsgrenze wird jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger bekannt gegeben (§ 8 Abs. 1a Satz 3 SGB IV). Ab 1.10.2022 beträgt sie 520 EUR. Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung ist in der Arbeitslosen- und Krankenversicherung versicherungsfrei und nicht versicherungspflichtig in der Pflegeversicherung. In der RV besteht vom 1.1.2013 an Versicherungspflicht, jedoch mit der Möglichkeit, sich von dieser befreien zu lassen (§ 6 Abs. 1b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI). Für vor dem 1.1.2013 aufgenommene geringfügige Beschäftigungen bestehen verschiedene Bestandschutzregelungen (z.B. §§ 229 Abs. 5, 230 Abs. 8 SGB VI).

Vom 1.10.2022 bis 31.12.2023 gelten zudem in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung Übergangsregelungen für Beschäftigungsverhältnisse mit einem regelmäßigen Arbeitsentgelt von 450,01 EUR bis 520 EUR. In der RV gilt für diese Zeit nur eine beitragsrechtliche Übergangsregelung für entsprechende Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt.

Hinsichtlich der Prüfung, ob die Geringfügigkeitsgrenze überschritten ist, gilt weiterhin der Grundsatz, dass der Arbeitgeber hierzu eine vorausschauende Betrachtung (Prognose) vornehmen muss. Die Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts ist bei Beginn der Beschäftigung und erneut bei jeder nicht in der bisherigen Prognose berücksichtigten Veränderung in den Verhältnissen (z. B. Erhöhung des Arbeitsentgelts oder Verminderung der Arbeitszeit), die nicht nur gelegentlich und unvorhersehbar ist, vorzunehmen. Diese Prognose erfordert keine alle Eventualitäten berücksichtigende genaue Vorhersage, sondern lediglich eine ungefähre Einschätzung, welches Arbeitsentgelt mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Weicht die Prognose infolge nicht sicher vorhersehbarer Umstände vom tatsächlichen Verlauf der Entgeltzahlung ab, bleibt die für die Vergangenheit getroffene Feststellung maßgebend. Das Versicherungsverhältnis wird insoweit nicht rückwirkend neu beurteilt.

Erstmals gesetzlich geregelt wird die Frage des gelegentlichen unvorhersehbaren Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 Abs. 1b SGB IV). Danach steht ein unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze dem Fortbestand einer geringfügigen Beschäftigung nicht entgegen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze innerhalb eines Zeitjahres in nicht mehr als zwei Kalendermonaten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird, d.h. bis zum Doppelten. Die Neuregelung ersetzt ab 1.10.2022 die bis dahin von den Sozialversicherungsträgern geübte Praxis, wonach ein dreimaliges nicht vorhersehbares Überschreiten der monatlichen Entgeltgrenze innerhalb eines Zeitjahres unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts als zulässig angesehen wurde. Nach der Gesetzesbegründung soll mit der Begrenzung des Überschreitens einer möglichen Verdrängung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung begegnet werden, ohne einer ausnahmsweisen Mehrarbeit aus unvorhersehbarem Anlass sowie vom Geschäftsergebnis oder einer individuellen Arbeitsleistung abhängigen Einmalzahlungen entgegenzustehen 5 5 BT-Drucks. 20/1480, S. 30. .

Flankiert werden die Neuregelungen durch Bestandsschutzregelungen, die für eine Übergangszeit vom 1.10.2022 bis 31.12.2023 vermeiden sollen, dass bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelungen Beschäftigte mit einem Arbeitsentgelt zwischen 450,01 EUR und 520 EUR im Monat durch die Anwendung der neuen Geringfügigkeitsgrenze Nachteile erleiden (z.B. den Versicherungsschutz in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung verlieren).

  • Beitragsrecht

Die bisherigen beitragsrechtlichen Regelungen für Minijobs gelten unverändert fort. Lediglich für rentenversicherungspflichtig Beschäftigte in Privathaushalten, die ab 1.10.2022 aufgrund der Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze unter diese Grenze fallen und sich nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen, gilt eine Bestandsschutzregelung. Über § 276b SGB VI wird für diese Fälle normiert, dass im Ergebnis die bisherigen beitragsrechtlichen Regelungen des Übergangsbereichs anzuwenden sind.

  • Melderecht

Im Melderecht, d.h. hinsichtlich der Meldungen des Arbeitgebers und deren Weiterleitung (§§ 28a ff. SGB IV) sind mit dem o.a. Gesetz lediglich redaktionelle Anpassungen vorgenommen worden.

2.3 Die gesetzlichen Neuregelungen für Midijobs

Hinsichtlich der Midijobs ist im Gesetzentwurf formuliert, dass mit der Anhebung der Höchstgrenze für den Übergangsbereich von 1 300 EUR auf 1 600 EUR nicht nur dem Anstieg der Löhne und Gehälter Rechnung getragen wird, sondern auch eine weitergehende Entlastung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit geringem Arbeitsentgelt als bisher bewirkt wird. Zudem werden Beschäftigte im unteren Übergangsbereich noch stärker entlastet, in dem der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze angehoben und bei höherem Arbeitsentgelt gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen wird 6 6 Vgl. ebd., S. 2. .

  • Versicherungsrecht

Beschäftigte im Übergangsbereich unterliegen wie bisher den allgemeinen Regeln der Sozialversicherungspflicht. Durch das „Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ haben sich dahingehend keine Änderungen ergeben. Für Bestandsfälle, d.h. für versicherungspflichtige Beschäftigte mit einem regelmäßigen Arbeitsentgelt in Höhe von 450,01 EUR bis 520,00 EUR im Monat, deren Beschäftigungen vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 1.10.2022 begonnen haben und die von diesem Zeitpunkt an die neuen Voraussetzungen für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung erfüllen, sind Regelungen geschaffen worden, die längstens bis zum 31.12.2023 grundsätzlich die weitere Anwendung des bis zum 30.9.2022 geltenden Rechts sicherstellen (in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung: § 7 Absatz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V -, § 20 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI -, § 454 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzuch – SGB III).

In der RV gibt es keine Bestandsschutzregelung; die durch die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze nunmehr geringfügig entlohnten Beschäftigten unterliegen weiterhin der Rentenversicherungspflicht, von der sie sich allerdings auf Antrag befreien lassen können (§ 6 Abs. 1b SGB VI).

  • Beitragsrecht

Der Übergangsbereich beginnt ab 1.10.2022 bei einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt von 520,01 EUR. Die Höchstgrenze wird auf 1 600 EUR angehoben 7 7 Zum 1.1.2023 wird die obere Grenze von 1 600 EUR auf 2 000 EUR angehoben (BGBl. I S.19 . Die gesetzlichen Neuregelungen zur Beitragsberechnung sollen Arbeitnehmer stärker entlasten als bisher; Arbeitgeber hingegen werden künftig stärker belastet. Möglich wird das durch eine neue Formel zur Berechnung des Gesamtbeitrags und eine neue Formel zur Berechnung des Beitragsanteils des Arbeitnehmers.

Im Ergebnis haben Arbeitnehmer im Übergangsbereich weiterhin nur einen reduzierten Beitragsanteil zu tragen, der allerdings noch geringer ausfällt als bisher. Bei einem Arbeitsentgelt in Höhe der unteren Entgeltgrenze des Übergangsbereichs beträgt er nunmehr 0,00 EUR und steigt mit zunehmendem Arbeitsentgelt gleitend an, bis er bei einem Arbeitsentgelt in Höhe von 1 600 EUR seine volle Höhe erreicht.

Arbeitgeber tragen bei einem Arbeitsentgelt in Höhe der unteren Entgeltgrenze des Übergangsbereichs einen Beitragsanteil von insgesamt rd. 28 %, der den Pauschalbeiträgen entspricht, die von ihnen für einen geringfügig entlohnten Beschäftigten zu leisten sind. Mit zunehmendem Arbeitsentgelt nimmt der Beitragsanteil des Arbeitgebers gleitend ab, bis er bei einem Arbeitsentgelt in Höhe der oberen Entgeltgrenze des Übergangsbereichs von 1 600 EUR seine reguläre Höhe von zz. rd. 20 % erreicht.

Die Berechnung der Beiträge erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst wird die gegenüber dem tatsächlichen Arbeitsentgelt nach § 20 Abs. 2a Satz 1 SGB IV verringerte beitragspflichtige Einnahme bestimmt. Anschließend wird der Gesamtbeitrag für jeden Versicherungszweig mit dem jeweils maßgeblichen Beitragssatz berechnet. Dann wird die für die Berechnung des Arbeitnehmeranteils maßgebliche verringerte beitragspflichtige Einnahme ermittelt (§ 20 Abs. 2a Satz 6 SGB IV) und daraus der Beitragsanteil des Arbeitnehmers berechnet. Schließlich wird der Beitragsanteil des Arbeitgebers errechnet, in dem der Beitragsanteil des Arbeitnehmers vom Gesamtbeitrag abgezogen wird.

Für bestimmte Bestandsfälle enthält § 134 SGB IV eine Übergangsregelung.

Ergänzt werden die gesetzlichen Normen durch Änderungen der Beitragsverfahrensordnung (§ 2 Abs. 2 und 3 BVV).

 

  • Melderecht

Im Melderecht haben sich durch das Gesetz keine Änderungen ergeben. Wie bisher stellen die Aufnahme oder das Ende einer Beschäftigung im Übergangsbereich keinen gesonderten Meldetatbestand i. S. des § 28a Abs. 1 SGB IV dar. Ebenfalls wie bisher sind Arbeitsentgelte im Übergangsbereich gesondert zu kennzeichnen (§ 5 Abs. 10 Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung – DEÜV); zusätzlich zu der reduzierten beitragspflichtigen Einnahme ist das tatsächliche Arbeitsentgelt zu melden, da es die Grundlage der Rentenberechnung ist.

3. Fazit

Die mit dem „Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ erstmals vorgenommene, sozialpolitisch begründete Verknüpfung von gesetzlichem Mindestlohn und der für das Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung maßgeblichen Entgeltgrenze führt nicht nur zu einer Anhebung der entgeltlichen Geringfügigkeitsgrenze, sondern stellt eine gänzlich neue rechtliche Systematik dar, die erhebliche verfahrensmäßige Änderungen sowie umfangreiche Übergangsregelungen nach sich zieht.

Gleiches gilt für die Anhebung der maßgeblichen Entgeltgrenzen des Übergangsbereiches und die Neuregelung der Berechnung der Beitragsanteile von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Auch diese erfordern von den Beteiligten, insbesondere von den Arbeitgebern und den Einzugsstellen, umfangreiche verfahrensmäßige Anpassungen.

Spannend und möglicherweise einer späteren gesonderten Betrachtung zu unterziehen bleibt die Frage, ob die Bundesregierung ihren sozialpolitischen Zielen, insbesondere im Bereich der Beschäftigungspolitik sowie bei der sozialen Sicherung, mit diesen gesetzlichen Neuregelungen näherkommt.

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