RVaktuell - Fachzeitschrift und amtliche Mitteilungen
RVaktuell - Fachzeitschrift und amtliche Mitteilungen der Deutschen Rentenversicherung
Rente Trend aktuell

In den nächsten zehn Jahren gehen sieben Millionen Beschäftigte in Rente

Die Zahl der älteren Beschäftigten über 55 Jahre ist von 2013 bis 2020 um 50 % gestiegen. Damit geht aktuell zwei Drittel des Beschäftigungszuwachses in Deutschland auf Ältere zurück – fast jeder vierte Beschäftigte ist derzeit über 55 Jahre alt. Aufgrd. des großen Anteils Älterer in etlichen Berufen sind in naher Zukunft viele Stellen neu zu besetzen. So werden voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren 7,3 Millionen Menschen in Deutschland mit Renteneintritt aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Mehr als zwei Millionen von ihnen verlassen Berufe, in denen bereits jetzt Fachkräfte fehlen. Um der Ausweitung des Fachkräftemangels vorzubeugen, bilden Unternehmen in Engpassberufen mit einem hohen Anteil Älterer intensiver aus. Das belegt die aktuelle repräsentative Studie des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Erfahrene Arbeitskräfte spielen eine immer größere Rolle auf dem Arbeitsmarkt. Seit dem Jahr 2013 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit einem Alter von 55 plus um 2,5 Millionen auf zz. 7,3 Millionen. Dieser Trend wird von drei Ursachen getrieben: Im Zuge der guten konjunkturellen Entwicklung zwischen 2013 und 2020 sind viele neue Arbeitsplätze entstanden. Zugleich stieg der Anteil Älterer an der Bevölkerung von 27,6 Millionen im Jahr 2013 auf 30,9 Millionen Menschen im Jahr 2020. Als wichtigster Treiber ist allerdings das veränderte Erwerbsverhalten der älteren Beschäftigten zu nennen. So hat sich ihre Erwerbstätigenquote zwischen 2001 und 2020 von 37,8 % auf 71,7 % fast verdoppelt. Damit erreicht Deutschland in dieser Altersgruppe inzwischen einen der Spitzenwerte in Europa. Zwei Millionen Menschen, die in den nächsten zehn Jahren aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, arbeiten in Engpassberufen. Ein hoher Anteil älterer Beschäftigter in einem Beruf bedeutet allerdings auch, dass mit Renteneintritt dieser Arbeitnehmenden eine entsprechend hohe Zahl an Stellen neu zu besetzen ist. Dieser sog. Ersatzbedarf bezeichnet den Anteil der Älteren an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und lag im Jahr 2020 in Deutschland bei 22,8 %. Demnach scheiden 7,3 Millionen Arbeitnehmer im Alter von 55 Jahren oder älter voraussichtlich innerhalb der nächsten zehn Jahre aus dem Erwerbsleben aus. Von ihnen sind mehr als zwei Millionen Beschäftigte in Berufen tätig, in denen Fachkräfte bereits jetzt knapp sind. Besonders hoch liegt ihr Anteil z.B. bei Berufskraftfahrern mit 32,4 %. Wenn in den nächsten zehn Jahren diese 182 084 Personen in Rente gehen, dürfte sich der Fachkräftemangel verschärfen. Denn schon im September 2021 konnten hier 6 659 Stellen rein rechnerisch nicht besetzt werden. Auch einige Gesundheitsberufe sind von Fachkräfteengpässen und hohen Ersatzbedarfen betroffen. Fast 40 % der Spezialisten der Aufsicht und Führung in den Bereichen Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe sind über 55 Jahre alt. In diesen Berufen können schon jetzt für 90 % der offenen Stellen in ganz Deutschland keine passend qualifizierten Arbeitslosen gefunden werden. Da diese Berufe schon seit Jahren teilweise starke Engpässe aufweisen und mit einer weiter steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen zu rechnen ist, sind auch hier wachsende Engpässe zu erwarten. Unternehmen reagieren auf die Knappheit am Arbeitsmarkt und bilden intensiver aus. Besonders in Engpassberufen mit einem hohen Anteil älterer Beschäftigter wurde das Ausbildungsplatzangebot von 2013 bis 2020 um 31,1 % deutlich erhöht. Damit tragen Unternehmen intensiv zur Nachwuchssicherung bei und steuern dem demographisch bedingten Rückgang bei der Beschäftigung auf Fachkraftniveau entgegen. Hierbei würde es helfen, wenn sich mehr junge Menschen für eine Ausbildung in einem zukunftsträchtigen Engpassberuf entscheiden würden, denn häufig mangelt es an Bewerbern. Helfen könnte aber auch, erfahrene Fachkräfte länger im Job zu halten.

Das Projekt KOFA am DIW startete im Mai 2011 und wird im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) durchgeführt. Der Fokus des Projekts liegt in der Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei der Fachkräftesicherung und der Gestaltung ihrer Personalarbeit. KOFA bietet konkrete Handlungsempfehlungen und Praxisbeispiele