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Krankenversicherung Studie aktuell

DAK bittet um Entschuldigung für Missstände bei „Kinderkuren“

RVaktuell 2/2023

Die Krankenkasse DAK-Gesundheit hat die Geschichte von „Kinderkuren“ in der Nachkriegszeit aufgearbeitet und für Missstände um Entschuldigung gebeten. Viele „Verschickungskinder“ hätten von den Fünfziger Jahren an bei mehrwöchigen Aufenthalten in Heimen und Kliniken unter Einsamkeit, Heimweh und strengen Erziehungsmethoden gelitten, teilte die Kasse mit. Des Öfteren sei auch von körperlicher Gewalt und Demütigungen sowie vereinzelt von sexuellen Übergriffen berichtet worden. Die DAK stellte dazu eine Studie vor.

Vorstandsvorsitzender Andreas Storm sagte: „Die dokumentierten Missstände in Kinderkurheimen sind mit unseren Werten in keiner Weise vereinbar.“ Es sei ihm ein tiefes Bedürfnis, alle von Herzen um Entschuldigung zu bitten, die in den Kuren Leid erfahren hätten. Bundesweit gab es den Angaben zufolge zehn Millionen „Verschickungskinder“, darunter bis zu 450 000 bei der DAK versicherte. Die Kasse hatte eigene Heime auf Sylt, im Schwarzwald und in Bad Sassendorf in Nordrhein-Westfalen.

Im Auftrag der DAK erstellte der Bielefelder Historiker Hans-Walter Schmuhl eine Studie, in der die Geschichte der Verschickungskinder erstmals umfassend aufgearbeitet wird, wie es hieß. Schmuhl sagte, ein Ineinandergreifen struktureller Faktoren, pädagogischer Vorstellungen und des Kinderkurkonzeptes habe einen „Nährboden für die Entstehung einer Subkultur der Gewalt“ geschaffen. Erfahrungen seien mit denen vergleichbar, die aus anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe oder der Psychiatrie aus dieser Zeit bekannt seien. „Es handelte sich eindeutig nicht um Einzelfälle.“ Manche hätten auch von keinen negativen Erinnerungen an die Kur berichtet.

Grundlage der Studie seien ausführliche Interviews gewesen. Daraus ergebe sich „ein breites Spektrum von Gewaltformen“, erläuterte Schmuhl. Nachweisbar seien etwa eine rigorose Abschottung von der Außenwelt, ständige Kontrolle, rigide Tagesstrukturen, das Wegnehmen persönlicher Gegenstände sowie verbale Herabsetzungen und Drohungen. Zudem habe es demütigende Strafen und Gewalt von Ohrfeigen über das Einsperren in einem Schrank bis hin zu sexuellen Übergriffen gegeben.

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