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Verbindliche Entscheidung des Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund zu dem Vergütungssystem für alle zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen (6/2023*)

RVaktuell 2/2023

Der Bundesvorstand der Deutschen Rentenversicherung Bund hat folgende verbindliche Entscheidung getroffen:
Verbindliche Entscheidungdes Bundesvorstandesder Deutschen Rentenversicherung Bundzu dem Vergütungssystem für alle zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen

Präambel 

§ 15 Absatz 9 Sozialgesetzbuch (SGB) VI 1 1 Eingeführt durch das Gesetz zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen vom 11. Februar 2021 (Gesetz Digitale Rentenübersicht). verpflichtet die Deutsche Rentenversicherung Bund im Rahmen der ihr nach § 138 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe a SGB VI zugewiesenen Aufgaben, zu den in § 15 Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 – 4 SGB VI geregelten Themenkomplexen

  • Zulassungsanforderungen,
  • Vergütungssystem,
  • Bestimmung der Rehabilitationseinrichtung im Einzelfall und
  • Veröffentlichung der Daten der externen Qualitätssicherung

verbindliche Entscheidungen herbeizuführen. Die verbindlichen Entscheidungen gelten für Rehabilitationseinrichtungen, die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den §§ 15, 15a und 31 Absatz 1 Nummer 2 SGB VI erbringen und entweder vom Träger der Rentenversicherung selbst oder von anderen betrieben werden.

Der Bundesvorstand der Deutschen Rentenversicherung Bund hat entsprechend der Maßgabe des § 15 Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 4 und 5 und Absatz 8 SGB VI sowie unter Beachtung von § 15 Absatz 9 Satz 3 und 4 SGB VI zum Vergütungssystem folgende verbindliche Entscheidung getroffen: 

Prolog

Bestandteil dieser verbindlichen Entscheidung ist an dieser Stelle der Prolog, wie er sich aus der verbindlichen Entscheidung zum „Prolog der verbindlichen Entscheidungen nach § 15 Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 – 4 SGB VI“ ergibt.

Produktbezogenes Vergütungssystem

Das produktbezogene Vergütungssystem sieht die Definition einer einrichtungsübergreifenden und einer einrichtungsspezifischen Komponente vor. Die Summe beider Komponenten ergibt den Vergütungssatz. Im Folgenden werden beide Komponenten, ihr Zusammenwirken sowie die Verfahrensschritte zur Einführung und Umsetzung erläutert.

Einrichtungsübergreifende Komponente der Vergütung

Definition Reha-Produkt

Kernelement der einrichtungsübergreifenden Komponente sind die Reha-Produkte. Diese ergeben sich aus der medizinischen Reha-Indikation, der Reha-Form und dem vergütungsrelevanten Behandlungskonzept. Jedes Reha-Produkt wird einrichtungsübergreifend anhand einheitlicher Kriterien monetär bewertet.

Die Reha-Indikation bezeichnet die Fachrichtung, in der die Leistung zur medizinischen Rehabilitation durchgeführt wird. Die Reha-Indikation nimmt die grundsätzlichen reha-medizinischen Bedarfe der Rehabilitand*innen auf.

Die Reha-Form definiert die Art der Durchführung der Rehabilitationsleistung. Sie kann insbesondere die Ausprägungen stationär, ganztägig ambulant oder ambulant annehmen.

Weiterhin werden vergütungsrelevante Behandlungskonzepte unterschieden, die spezifische Bedarfe der Rehabilitand*innen ansprechen, die durch die indikationsspezifische Rehabilitation allein nicht abgedeckt werden.

Basissatz und Bewertungsrelationen

Der indikationsübergreifende Basissatz entspricht der Vergütung für eine Rehabilitationsleistung ohne einrichtungsspezifische und konzeptionelle Besonderheiten.

Die Bewertungsrelationen setzen die einzelnen Bestandteile der Reha-Produkte in ein festes Verhältnis zum indikationsübergreifenden Basissatz und in der Folge zueinander. Die Bewertungsrelation von 1,0 entspricht dem indikationsübergreifenden Basissatz.

Der Basissatz und die Bewertungsrelationen werden auf Grundlage der Vergütungsdaten aus dem Jahr 2024 festgelegt. Sie werden durch die Einbeziehung weiterer Datenquellen, wie zum Beispiel Vergütungsdaten aus den Vorjahren, validiert.

Der Basissatz wird über den Richtwert der Deutschen Rentenversicherung jährlich an die allgemeine Preis- und Kostenentwicklung angepasst. Anpassungen des Basissatzes außerhalb der allgemeinen Preis- und Kostenentwicklung sind möglich, wenn sich vergütungsrelevante Sachverhalte (zum Beispiel Vergütungsordnungen für einzelne Berufsgruppen) verändert haben.

Die Bewertungsrelationen werden angepasst, wenn sich vergütungsrelevante Sachverhalte, vor allem bei den zugrundeliegenden Konzepten, verändert haben.

Die zuständigen Gremien der Deutschen Rentenversicherung Bund entscheiden über Veränderungen des Basissatzes und der Bewertungsrelationen.

Vergütungsrelevante Behandlungskonzepte

Vergütungsrelevante Behandlungskonzepte beziehen Behandlungsinhalte ein, die spezifische Bedarfe der Rehabilitand*innen aufgreifen. Diese werden mittels einer eigenen, einrichtungsübergreifend gültigen Bewertungsrelation abgebildet.

Die Entscheidung über die Aufnahme von vergütungsrelevanten Behandlungskonzepten in das Vergütungssystem erfolgt nach einheitlichen Kriterien.

Diese sind:

– medizinische beziehungsweise teilhabeorientierte Bedeutung für die Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung,

– Beitrag zur Erreichung der individuellen Teilhabeziele,

– relevante Fallzahlen und

– deutlich höherer und klar beschreibbarer Aufwand.

Die Entscheidung über die Aufnahme eines vergütungsrelevanten Behandlungskonzepts erfolgt in ganzheitlicher Betrachtung und Abwägung aller Kriterien.

Neue vergütungsrelevante Behandlungskonzepte können als temporäres Reha-Produkt in regionalen und zeitlich befristeten Modellen auf ihre Eignung zur Aufnahme in das Vergütungssystem erprobt und geprüft werden. Die zuständigen Gremien der Deutschen Rentenversicherung Bund entscheiden über die endgültige Aufnahme von neuen vergütungsrelevanten Behandlungskonzepten in das Vergütungssystem.

Einrichtungsspezifische Komponente der Vergütung

Zusätzlich zu einer einrichtungsübergreifenden Komponente enthält das Vergütungssystem der Deutschen Rentenversicherung einen grundsätzlich begrenzten Verhandlungsspielraum für eine einrichtungsspezifische Komponente. Die zuständigen Gremien der Deutschen Rentenversicherung Bund legen die Kriterien dafür fest. In der einrichtungsspezifischen Komponente werden die besonderen Bedingungen jeder Rehabilitationseinrichtung bei der Erbringung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation berücksichtigt, die nicht über die einrichtungsübergreifende Komponente abgedeckt werden.

Dabei handelt es sich vor allem um folgende einrichtungsspezifische Komponenten beziehungsweise Sachverhalte, die zu außergewöhnlichen Aufwendungen führen können:

a) Tarifkomponente

b) Strukturkomponente:

  1. Besondere regionale Strukturen
  2. Besondere bauliche oder grundstücksbezogene Strukturen
  3. Besondere personelle oder ausstattungsbezogene Strukturen
  4. Leistungsspezifische Besonderheiten

c) Innovations- und Nachhaltigkeitskomponente

d) Zuschläge für erstattungsfähige Sachverhalte (zum Beispiel Kurtaxe; Telematik-Infrastruktur)

Für die Innovations- und Nachhaltigkeitskomponente können in einem befristeten Zeitraum außergewöhnliche Aufwendungen finanziell berücksichtigt werden. Dabei geht es vor allem um die innovative konzeptionelle und methodische Weiterentwicklung der Rehabilitation sowie Innovationen im Bereich der Digitalisierung, die Rehabilitand*innen unmittelbar zugutekommen. Zudem geht es um ressourcenschonende Projekte, die der Verbesserung der Nachhaltigkeit dienen.

Bezugnehmend auf den dritten und siebten Absatz des Prologs können in der einrichtungsspezifischen Komponente unter Ziffer 4 („Leistungsspezifische Besonderheiten“) der Strukturkomponente grundsätzlich auch außergewöhnliche behinderungs- beziehungsweise krankheitsbedingte Mehraufwände für Versicherte mit komplexen Teilhabebeeinträchtigungen berücksichtigt werden.

Für berücksichtigungsfähige Sachverhalte kann zwischen einer zugelassenen Rehabilitationseinrichtung und dem federführenden Träger der Rentenversicherung in einem transparenten Verhandlungsverfahren eine Vergütung vereinbart werden, die über die einrichtungsübergreifende Komponente hinausgeht.

Die zugrundeliegenden Sachverhalte und die Ergebnisse der Verhandlung zwischen dem federführenden Träger der Rentenversicherung und der Rehabilitationseinrichtung werden nachvollziehbar und transparent dokumentiert. Dazu wird ein einheitlicher Dokumentationsbogen genutzt. Es wird eine einrichtungsspezifische Bewertungsrelation für die Rehabilitationseinrichtung gebildet.

Die Kurtaxe wird als Zuschlag zum Vergütungssatz ausgeglichen. Für besonders teure Medikamente gelten die aktuell gültigen Regelungen 2 2 Die maßgeblichen Informationen zur Vergütung sind im Internetauftritt der Deutschen Rentenversicherung abrufbar. .

Die einrichtungsspezifische Komponente ist an geänderte Sachverhalte anzupassen.

Ermittlung des Vergütungssatzes

Im Rahmen der Bewilligung einer Rehabilitationsleistung werden die Reha-Indikation, die Reha-Form und das vergütungsrelevante Behandlungskonzept durch den Träger der Rentenversicherung festgestellt. Die Rehabilitationseinrichtung kann im Rahmen der Diagnostik das vergütungsrelevante Behandlungskonzept und damit die individuelle Behandlung in Abstimmung mit dem zuständigen Träger der Rentenversicherung anpassen.

Zur Bestimmung der Höhe der einrichtungsübergreifenden Komponente werden der indikationsübergreifende Basissatz, die Bewertungsrelation der Reha-Indikation und der Reha-Form miteinander multipliziert. Für vergütungsrelevante Behandlungskonzepte wird auf Grundlage der entsprechenden Bewertungsrelationen ein Zuschlag gezahlt. Zur Berechnung des Zuschlags wird die entsprechende Bewertungsrelation mit dem indikationsübergreifenden Basissatz multipliziert, dieser Zuschlag ist Teil der einrichtungsübergreifenden Komponente.

Für die einrichtungsspezifische Komponente wird der indikationsübergreifende Basissatz mit der einrichtungsspezifischen Bewertungsrelation multipliziert. Die Summe der einrichtungsübergreifenden Komponente und der einrichtungsspezifischen Komponente ergibt den Vergütungssatz.

Form der Vergütung

Die Vergütung der Rehabilitationsleistungen der Deutschen Rentenversicherung in den von ihr belegten Rehabilitationseinrichtungen erfolgt mit vollpauschalierten, tagesgleichen Vergütungssätzen auf Grundlage des produktbezogenen Vergütungssystems. Die Rehabilitationseinrichtung erhält für jeden Tag des Aufenthalts einer/s Rehabilitandin/en einen festen Betrag, der sich aus den Komponenten des Vergütungssystems ergibt. Der Aufnahme- und Entlassungstag in stationären Einrichtungen werden zusammen als ein Vergütungstag berechnet. Mit dem Vergütungssatz sind alle Leistungen abgegolten, die die Rehabilitationseinrichtung im Rahmen der Rehabilitationsleistung erbringt.

Darüberhinausgehende Bedarfe der Versicherten/des Versicherten, die sich im Rahmen der Durchführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aus den Sozialgesetzbüchern ergeben, beispielsweise eine erforderliche Begleitperson oder eine Gebärdensprachdolmetscherin/ein Gebärdensprachdolmetscher, werden weiterhin außerhalb des Vergütungssatzes individuell abgerechnet.

Entwicklung und Erprobung des Vergütungssystems

Das Vergütungssystem ist von der Deutschen Rentenversicherung nach Inkrafttreten der verbindlichen Entscheidung ab dem 1. Juli 2023 bis zum 31. Dezember 2025 zu entwickeln, wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren. In diesem Zeitraum wird die Umstellung der bisherigen Vergütung auf die Vergütung über eine einrichtungsübergreifende und eine einrichtungsspezifische Komponente ab dem 1. Januar 2026 vorbereitet und erprobt.

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung bilden eine Grundlage für mögliche Anpassungen des Vergütungssystems.

Die Interessenvertretungen der Leistungserbringer und der Betroffenen werden regelmäßig über die Erprobungsergebnisse und die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung im Beirat für die Umsetzungsphase (siehe Prolog) informiert und bei Anpassungen eingebunden.

Einführung und Weiterentwicklung des Vergütungssystems

Das Vergütungssystem wird ab dem 1. Januar 2026 eingeführt. Es ist als lernendes System konzipiert. Über ein kontinuierliches Monitoring werden die Auswirkungen des Vergütungssystems auf die rehabilitative Versorgung erfasst. Weiterentwicklungen werden unter regelmäßiger Einbindung der Interessenvertretungen der Leistungserbringer und der Betroffenen erarbeitet. Dies betrifft unter anderem Veränderungen des Basissatzes (außerhalb der jährlichen Anpassung) und der Bewertungsrelationen, Aufnahme neuer Konzepte, unter anderem zu komplexen Teilhabebedarfen, Kriterien für die einrichtungsspezifische Komponente und Anpassungen der Systematik des Vergütungssystems. Notwendige Anpassungen können sich zum einen aufgrund der Erfahrungen und Ergebnisse aus der Entwicklungsphase und des Monitorings ergeben. Anpassungsbedarfe können sich zum anderen beispielsweise aus dem medizinischen und wissenschaftlichen Fortschritt, aus Modellprojekten, aus Veränderungen von Reha-Bedarfen sowie rechtlichen beziehungsweise reha-systembezogenen Veränderungen ergeben. Die zuständigen Gremien der Deutschen Rentenversicherung Bund entscheiden über Anpassungen des Vergütungssystems.

Für die ambulante Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen gilt weiterhin das einheitliche reha-trägerübergreifende Verfahren zur Festlegung der Vergütung der therapeutischen Einzel- und Gruppengespräche.

Die verbindliche Entscheidung beruht auf § 15 Absatz 9 Satz 1 in Verbindung mit § 138 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 Buchstabe a, Absatz 2 Satz 1 SGB VI, § 51 Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a der Satzung der Deutschen Rentenversicherung Bund. Die Zuständigkeit des Bundesvorstandes ergibt sich aus § 138 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 SGB VI, § 53 Absatz 2 der Satzung der Deutschen Rentenversicherung Bund in Verbindung mit dem Beschluss der Vertreterversammlung (heute: Bundesvertreterversammlung) über die Delegation von Aufgaben vom 1. Oktober 2005.

Die verbindliche Entscheidung tritt gemäß § 15 Absatz 9 Satz 2 SGB VI am 1. Juli 2023 in Kraft. Die Entscheidung wird im Amtlichen Mitteilungsblatt der Deutschen Rentenversicherung Bund veröffentlicht.

 

Berlin, im Mai 2023

Anja Piel

Alexander Gunkel

 

Datum der Veröffentlichung: 27.6.2023

*Nichtamtliche fortlaufende Nummerierung

RVaktuell 2/2023

Der Bundesvorstand der Deutschen Rentenversicherung Bund hat folgende verbindliche Entscheidung getroffen:
Verbindliche Entscheidungdes Bundesvorstandesder Deutschen Rentenversicherung Bund zu den Zulassungsanforderungengemäß § 15 Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 15 Absatz 3 SGB VI

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