RVaktuell - Fachzeitschrift und amtliche Mitteilungen
RVaktuell - Fachzeitschrift und amtliche Mitteilungen der Deutschen Rentenversicherung

Hinzuverdienst neben der Altersrente: Auf den Erwerbsstatus vor Rentenbeginn kommt es an

RVaktuell 2/2024
Die Steigerung der Beschäftigung älterer Erwerbspersonen rückt zunehmend in den Fokus der rentenpolitischen Debatte, da es mit dem Eintreten der Babyboomer in den Ruhestand zu einer deutlichen Verschiebung zwischen der Zahl der Beitragszahlenden und der Zahl der Rentenbeziehenden kommen wird. Die allgemein steigende Lebenserwartung wirkt in die gleiche Richtung.
Dr. Sascha Drahs-Walkemeyer ist Mitarbeiter im Dezernat „Statistische Analysen“ in der Abteilung GQ Forschung und Entwicklung der Deutschen Rentenversicherung Bund.

1. Einleitung

Um einen längeren Verbleib älterer Menschen im Erwerbsleben attraktiver zu gestalten, hat der Gesetzgeber mit dem Flexirentengesetz 1 1 Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) vom 08.12.2016 (BGBl. I S. 2838). im Jahr 2017 angestrebt, einen flexiblen Rentenübergang durch verschiedene gesetzliche Neuregelungen zu fördern. Zentrale Bestandteile der Neuregelungen waren eine flexible Anrechnung von Hinzuverdiensten bei den Renten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, die Einführung der Versicherungspflicht bei Renten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze sowie die Möglichkeit, Beiträge ab der Regelaltersgrenze freiwillig zu „aktivieren“.

Der Effekt dieser Maßnahmen auf die Zahl der flexiblen Rentenübergänge, gemessen an der Zahl der Teilrenten nach dem neuen Recht, war in den Folgejahren seit 2017 jedoch gering 2 2 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bundeskanzleramt und Statistisches Bundesamt, 2022. Evaluierung der Flexirente. Untersuchung zu Inanspruchnahme, Wirksamkeit und bürokratischen Belastungen der Maßnahmen des Flexirentengesetzes. . Anhand der Daten zur Beschäftigung neben dem Rentenbezug zeigt sich zwar, dass eine erhebliche Zahl an Personen neben der Rente wegen Alters arbeitet, allerdings in der Regel mit einem versicherungsfreien Minijob. Seit dem Jahr 2020 wurde die Hinzuverdienstgrenze durch eine deutliche Anhebung de facto aufgehoben und ab 1.1.2023 gänzlich abgeschafft. Seither hat sich die Zahl der Rentenbeziehenden mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze merklich erhöht; sie bewegt sich jedoch nach wie vor auf einem – im Vergleich zur Zahl der Minijobber – geringen Niveau.

Im Folgenden wird anhand der Statistikdaten der Deutschen Rentenversicherung ein Überblick über die verschiedenen Formen der Beschäftigung neben dem Bezug einer Rente wegen Alters sowie deren Entwicklung gegeben. Ziel ist es, ein besseres Verständnis für die heterogene Gruppe der Beschäftigten neben dem Altersrentenbezug zu entwickeln und eine Übersicht zum aktuellen Datenstand zum Thema Beschäftigung neben der Rente zu liefern. Zunächst werden die aktuellen Zahlen zu den verschiedenen relevanten Formen der Beschäftigung neben Altersrentenbezug und die zahlenmäßige Entwicklung seit Inkrafttreten des Flexirentengesetzes dargestellt. Im Anschluss wird anhand soziodemographischer und rentenrechtlicher Merkmale eine detaillierte Beschreibung der Personengruppe mit einem Hinzuverdienst vorgenommen. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit sich mehr als geringfügig beschäftigte Rentenbeziehende und Minijobber strukturell unterscheiden. Schließlich wird die Bedeutung des Rentenübergangs für die Beschäftigung neben Altersrentenbezug näher beleuchtet.

Die Datenbasis der Auswertungen sind die rentenversicherungsweiten Statistiken der Deutschen Rentenversicherung, im Speziellen die Versichertenstatistik sowie die Rentenbestandsstatistik. In der Versichertenstatistik werden sämtliche beitragsrelevanten Tatbestände im Rahmen einer jährlichen Vollerhebung aller Versicherten erfasst. Die Gruppe der Beschäftigten neben Rentenbezug kann hierdurch zahlenmäßig präzise bestimmt und anhand der Angaben im Versicherungskonto (bzw. der Meldungen zur Sozialversicherung) untersucht werden. Durch die Verknüpfung der Einzeldaten mit der Rentenbestandsstatistik kann die Prävalenz von Hinzuverdiensttätigkeiten in verschiedenen Subgruppen der Grundgesamtheit aller Rentner, insbesondere in Bezug auf unterschiedliche Rentenhöhen, Summen an Beitragsjahren, durchschnittliche Entgeltpunkte sowie in Bezug auf die jeweilige Rentenart analysiert werden.

2. Hinzuverdienst neben dem Bezug einer Rente wegen Alters in den Jahren 2018 bis 2022

Die Entwicklung der Beschäftigten neben dem Altersrentenbezug 3 3 Im Folgenden werden die Begriffe Rente und Altersrente synonym verwendet, da sich der vorliegende Beitrag ausschließlich mit Beziehenden einer Rente wegen Alters befasst. , 4 4 Zur Beschäftigung neben dem Bezug einer Erwerbsminderungsrente vgl. Drahs, Krickl, Kruse, 2021, Rückkehr von Erwerbsminderungsrentnern ins Erwerbsleben: Ergebnisse aus Längsschnittuntersuchungen der Statistikdatensätze der Deutschen Rentenversicherung, RVaktuell 3/2021. lässt sich in den Statistikdaten der Rentenversicherung (RV) einheitlich seit dem Berichtsjahr 2018 darstellen. Erst in diesem Jahr war eine vollständige Erfassung der wegen Erreichens der Regelaltersgrenze versicherungsfrei beschäftigten Altersvollrentner in der Versichertenstatistik technisch möglich. Abb. 1 stellt für die verschiedenen Personengruppen die zeitliche Entwicklung der Jahre 2018 bis 2022 dar, wobei zwischen Personen mit einer mehr-als-geringfügigen Beschäftigung und reinen Minijobbern und zwischen Personen mit einem Alter unterhalb bzw. oberhalb der Regelaltersgrenze unterschieden wird. Das bedeutet, bei einem gleichzeitigen Vorliegen beider Beschäftigungsformen (d. h. Minijob und nicht geringfügige Beschäftigung) wurde die nicht geringfügige Beschäftigung priorisiert. Es gibt dementsprechend keine Doppelzählungen über die verschiedenen Gruppen hinweg. Da für die Jahre bis 2020 aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit für Beschäftigungen ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze keine analoge Priorisierung möglich ist, ist für diese Jahre lediglich die Summe aller Beschäftigungen ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze angegeben.

Die Gesamtzahl der Altersrentner mit einem Hinzuverdienst hat im Zeitraum seit 2018 um etwa 10 % zugenommen und lag am Jahresende 2022 bei rd. 1,36 Millionen. Somit hatten bei einem Rentenbestand von rd. 18,6 Mio. Renten wegen Alters am Jahresende 2022 etwa 7 % aller Altersrentenbeziehenden eine Beschäftigung 5 5 Ausgenommen Selbständige und sonstige Personengruppen, die nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen RV unterliegen (wie z. B. Mitglieder der berufsständischen Versorgungswerke). . Zahlenmäßig bedeutend sind hierbei vor allem die Minijobber. Der Anteil der ausschließlich im Minijob Beschäftigten lag am Jahresende 2022 mit insgesamt rd. 1,04 Millionen Personen bei rd. 77 % an allen Beschäftigten neben Altersrentenbezug. Da die Minijobs durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie besonders stark betroffen waren 6 6 Deutsche Rentenversicherung, 2021. Versichertenbericht 2021. , sank die Zahl der Beschäftigten neben Altersrentenbezug im Jahr 2020 temporär.

Prozentual deutlich erhöht, jedoch insgesamt immer noch auf einem niedrigen Niveau, hat sich über die Zeit die Zahl der mehr als geringfügig Beschäftigten im Alter bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Deren Zahl verdreifachte sich im betrachteten Zeitraum seit 2018 von rd. 25 000 auf rd. 76 000 Personen im Jahr 2022. Der Anstieg dürfte zu einem gewissen Grad auf die Anhebung der Hinzuverdienstgrenze im Jahr 2020 zurückzuführen sein. Im ersten Jahr der Anhebung war der Zuwachs mit rd. 12 000 Personen bzw. rd. 42 % besonders stark. Allerdings verzeichnet diese Personengruppe auch in den Jahren davor (+4 000 bzw. rd. 17 % im Jahr 2019) und danach (+12 000 bzw. rd. 30 % im Jahr 2021) merkliche Zunahmen. Neben dem allgemeinen Trend zu höheren Beschäftigungsquoten älterer Erwerbspersonen dürfte auch die demographische Entwicklung insgesamt bzw. der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge ein erklärender Faktor sein.

 

Abb. 1: Entwicklung der Beschäftigten neben Altersrentenbezug am 31.12. der Jahre 2018 bis 2022

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Versicherte 2018-2022.

 

Vor dem Hintergrund der durch das Flexirentengesetz eingeführten Neuerungen stellt Tabelle 1 eine Differenzierung nach der Beschäftigungsform und dem versicherungsrechtlichen Status für die Beschäftigungen am Jahresende 2022 dar. Darüber hinaus werden die Gesamtzahlen der Minijobber und der Personen mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung separat (inkl. Mehrfachnennungen) ausgewiesen. Zu den genannten 1,04 Millionen Personen, die ausschließlich im Minijob beschäftigt sind, kommen weitere rd. 24 000 Personen, die einen Minijob neben einer nicht geringfügigen Beschäftigung ausüben. Von den insgesamt rd. 1,06 Millionen Minijobbern zahlt nur ein geringer Anteil von rd. 4 % einen Arbeitnehmerbeitrag, insbesondere ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze ist der Anteil mit nur rd. 2 % sehr gering. Wenn auch der Anteil der „Aktivierer“ unter den mehr als geringfügig Beschäftigten ab der Regelaltersgrenze mit rd. 8 % etwas höher liegt, so lässt sich dennoch schlussfolgern, dass die freiwillige Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen für die meisten Beschäftigten trotz des zusätzlichen finanziellen Anreizes, der sich aus der Aktivierung der Arbeitgeberbeiträge ergibt 7 7 Bei gleichbleibender Bezugsgröße und gleichbleibendem aktuellen Rentenwert übersteigt die Summe der entstehenden Rentensteigerungen durch Aktivierung eines Minijobs bereits nach weniger als vier Jahren die Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, bei Aktivierung einer mehr als geringfügigen Beschäftigung bereits nach weniger als zehn Jahren. , keine attraktive Option zu sein scheint.

 

Tabelle 1: Zahl der Beschäftigten neben Altersrentenbezug am 31.12.2022

Davon versicherungspflichtig
InsgesamtAnzahlAnteil in %
Mehr als geringfügig Beschäftigte317 71894 57730
- bis zur RAG76 18176 181100
- ab der RAG241 53718 3968
Minijobber1 063 42637 5564
- bis zur RAG174 99418 37811
- ab der RAG888 43219 1782

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Versicherte 2022.

 

Die in Abb. 1 sowie Tabelle 1 dargestellte, ungleich größere Zahl an Beschäftigten mit einem Alter ab der Regelaltersgrenze ergibt sich in erster Linie aus einer größeren Basis an Rentenbeziehern, da mit Erreichen der Regelaltersgrenze auch die große Zahl der Beziehenden einer Regelaltersrente mit einfließt (s. Abb. 2).  Zudem schließt die Zahl der Personen im Alter ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze deutlich mehr Altersjahrgänge mit ein, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, neben der Rente eine Beschäftigung auszuüben, naturgemäß mit zunehmendem Alter geringer wird.

 

Abb. 2: Anzahl der Renten nach Rentenart und Alter am 31.12.2022 bis zum Alter 80

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Rentenbestand am 31.12.2022.

 

Die unter den beschäftigten Altersrentenbeziehenden am stärksten vertretene Altersgruppe ist die zwischen 66 und 68 Jahren. Rd. 0,5 Millionen Menschen in diesem Alterssegment üben neben ihrer Altersrente noch einen Hinzuverdienst aus (s. Abb. 3a). Der Anteil mit Hinzuverdienst an den Rentenbeziehenden einer Altersgruppe (s. Abb. 3b) ist jedoch in den Altersgruppen vor Erreichen der Regelaltersgrenze mit jeweils über 20 % am höchsten. Um den Einfluss der unterschiedlichen Rentenzugangspfade auf die Zahl der Hinzuverdienste in den verschiedenen Altersgruppen zu verdeutlichen, wird der Anteil mit mehr als geringfügiger Beschäftigung und mit ausschließlich geringfügiger Beschäftigung in Abb. 3c und 3d nach der Leistungsart dargestellt. Vor allem die Neigung, neben der Rente in einem Minijob weiterzuarbeiten, ist bei Beziehern der Rente für besonders langjährig Versicherte deutlich höher als in den anderen Rentenarten.  Noch im Alter von 74 Jahren üben rd. 10 % der Bezieher dieser Rentenart einen Minijob aus, demgegenüber waren es bei der Regelaltersrente und der Altersrente für schwerbehinderte Menschen rd. 5 % und bei der Rente für langjährig Versicherte rd. 6 %. Abb. 3c stellt analog die altersabhängige Beschäftigtenquote mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung dar: Diese wird bei den Beziehern einer Rente für besonders langjährig Versicherte vor allem zum Rentenbeginn im Alter 64 bis 65 Jahren ausgeübt, weiterhin bei den Beziehern einer Regelaltersrente. Der Altersgradient ist bei den mehr als geringfügigen Beschäftigungen stärker ausgeprägt, so dass im Alter von 80 Jahren so gut wie kein Hinzuverdienst in dieser Kategorie mehr ausgeübt wird.

 

Abb. 3: Anteil mit Hinzuverdienst an Renten wegen Alters nach Alter und Rentenart am 31.12.2022

Hinweise: Mehr als geringfügige Beschäftigung einschließlich Beschäftigung in der Gleitzone/im Übergangsbereich. Anteil an Renten wegen Alters im Alter zwischen 60 und 80 Jahren ohne Auslandsrenten.
Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Versicherte 2022 und Rentenbestand am 31.12.2022.

 

Die deutlichen Unterschiede in den Beschäftigungsquoten der verschiedenen Rentenarten legen nahe, dass die Erwerbsbiographie der Rentenbeziehenden ein zentraler Bestimmungsfaktor bei der Beschäftigung neben dem Rentenbezug ist.

3. Hinzuverdienst – Selektion, Heterogenität

In diesem Abschnitt wird untersucht, inwieweit die verschiedenen Gruppen von Beschäftigten anhand soziodemographischer oder biographischer Merkmale charakterisiert werden können. Das kann Hinweise auf erklärende Faktoren der verschiedenen Beschäftigungsformen und der Beschäftigung neben Rentenbezug allgemein liefern.

  • Soziodemographische Verteilung

Tabelle 2 stellt die Quote an Beschäftigten neben dem Rentenbezug in den beiden Kategorien (mehr als geringfügig beschäftigt oder Minijob) für verschiedene soziodemographische Gruppen dar. Hierbei muss zunächst einschränkend bemerkt werden, dass die Statistik der Deutschen Rentenversicherung nur über eine sehr begrenzte Auswahl an Variablen zum persönlichen Hintergrund der Versicherten verfügt. Bekannt ist u. a. der Wohnort, das Geschlecht, das Alter sowie Angaben zur Bildung und zum ausgeübten Beruf anhand des Tätigkeitsschlüssels aus der letzten zurückliegenden Beschäftigung im Berichtsjahr. Da jedoch die Angaben aus dem Tätigkeitsschlüssel nicht für alle Rentenbeziehenden vorliegen, werden sie im Folgenden nicht betrachtet. Es wird jeweils unterschieden zwischen Beschäftigungen bis zur Regelaltersgrenze und ab der Regelaltersgrenze und es werden lediglich Personen mit einem Alter von bis zu 80 Jahren betrachtet. Andernfalls würden für die Altersgruppe ab der Regelaltersrente durch die Einbeziehung sehr hoher Altersjahrgänge dementsprechend sehr niedrige bzw. schwer zu interpretierende Beschäftigtenquoten ermittelt werden. Zudem werden Rentenbeziehende mit einem Wohnort im Ausland („Auslandsrenten“) oder mit einem fehlenden bzw. unbekannten Wohnort ausgeschlossen.

 

Tabelle 2: Anteil mit Hinzuverdienst nach ausgewählten Merkmalen und Altersgruppen am 31.12.2022

Altersgruppe
Bis zur RegelaltersgrenzeAb der RegelaltersgrenzeInsgesamt
Mehr als geringfügig beschäftigtNur MinijobMehr als geringfügig beschäftigtNur MinijobMehr als geringfügig beschäftigtNur Minijob
Anteil in %Anteil in %Anteil in %Anteil in %Anteil in %Anteil in %
Geschlecht
-Männer6153939
-Frauen5151728
Wohnort
-West5162839
-Ost6122626
Geschlecht/Wohnort
-Männer West61639310
-Frauen West5162728
-Männer Ost7132737
-Frauen Ost5121515
Staatsangehörigkeit
-Ausland4153838
-Deutschland6152828
Rentenart
- Regelaltersrente--3737
- Altersrente wegen ALO/ATZ--1515
- Altersrente für Frauen--0404
-Altersrente für schwerbeh. M.4131617
-Altersrente f. langj. Versicherte3131829
-Altersrente f. bes. langj. Vers.817314415

Hinweise: Mehr als geringfügige Beschäftigung einschließlich Beschäftigung in der Gleitzone/im Übergangsbereich. Anteil an Renten wegen Alters im Alter zwischen 60 und 80 Jahren ohne Auslandsrenten.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Versicherte 2022 und Rentenbestand am 31.12.2022.

 

Es lässt sich zunächst feststellen, dass es in Bezug auf das Geschlecht sowie den Wohnort (Frauen und Männer in den neuen bzw. alten Bundesländern) systematische Unterschiede gibt. Insgesamt haben Männer mit Wohnort im ursprünglichen Bundesgebiet die höchsten Anteile mit einer Beschäftigung neben der Rente, mit rd. 10 % bei den Minijobs und 3 % bei den mehr als geringfügigen Beschäftigungen. Demgegenüber weisen Frauen in den neuen Bundesländern die niedrigsten Beschäftigtenquoten auf: Von ihnen sind nur rd. 5 % in einem Minijob beschäftigt und rd. 1 % in einer mehr als geringfügigen Beschäftigung. Bei den mehr als geringfügigen Beschäftigungen liegen Männer in beiden Teilen Deutschlands mit einer Quote von 3 % gleichauf; im Alter vor Erreichen der Regelaltersgrenze haben Männer im Osten sogar mit rd. 7 % den höchsten Anteil. Allgemein ist zu beobachten, dass Minijobs vor allem im Westen des Landes – nicht nur bei den Frauen – häufiger vorkommen. Es ergeben sich zudem für beide Formen der Erwerbstätigkeit neben der Rente tendenziell höhere Quoten in den alten Bundesländern und bei den Männern.

Während deutsche und ausländische Staatsangehörige beim Anteil der Minijobber gleichauf liegen, haben ausländische Staatsangehörige einen leicht höheren Anteil mit mehr als geringfügiger Beschäftigung neben der Rente, allerdings nicht vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze.

 

Tabelle 3: Biographie und Anwartschaften für unterschiedliche Altersrentenarten im Rentenbestand am 31.12.2022

Rentenzahlbetrag (in EUR)BeitragsjahreDurchschnittliche Entgeltpunkte aus Beitragszeiten je BeitragsjahrAnzahl
Regelaltersrente77223,80,825 197 979
Altersrente für besonders langjährig Versicherte1 50446,40,991 678 389
Altersrente für langjährig Versicherte1 28940,30,991 674 234
Altersrente für schwerbehinderte Menschen1 30439,30,961 346 555
Renten wegen Alters insgesamt*1 09742,60,9113 188 777

* Einschließlich Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit und Rente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Rentenbestand am 31.12.2022.

 

Die Anteile nach den verschiedenen Rentenarten spiegeln die in Abb. 3b und 3c dargestellten Ergebnisse wider und verdeutlichen, dass sich die Bezieher unterschiedlicher Rentenarten hinsichtlich ihres Erwerbsverhaltens neben dem Rentenbezug erheblich unterschieden. Die teils großen Unterschiede in den typischen Erwerbsbiographien und Anwartschaften zwischen Rentenarten sind in Tabelle 3 dargestellt. Insbesondere Bezieher einer Regelaltersrente weisen im Schnitt deutlich weniger Beitragszeiten und in der Folge geringere Rentenzahlbeträge auf als Bezieher der vorgezogenen Altersrenten 8 8 Der Bezug einer vorgezogenen Altersrente erfordert eine Mindestzahl an rentenrechtlichen Zeiten (z. B. 35 oder 45 Jahre) und ist im Vergleich zur Regelaltersrente mit einer Wartezeit von mindestens 5 Jahren vorselektiert. Für eine ausführliche Beschreibung der Rentenarten und deren empirischen Entwicklung bei den Geburtsjahrgängen 1936 bis 1952 vgl. Mika und Krickl, 2020, Entwicklung des Übergangs in die Altersrente bei den Geburtsjahrgängen 1936 bis 1952, Deutsche Rentenversicherung 4/2020. . Dieser Durchschnittswert darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Regelaltersrente auch häufig von Versicherten mit überdurchschnittlichen Rentenzahlbeträgen bezogen wird. Anhand der Daten zur Versicherungsbiographie und Rentenhöhe lässt sich außerdem immer nur jener Teilbereich des Erwerbslebens abbilden, für den durch Beschäftigung oder andere versicherungsrechtliche Tatbestände (wie z. B. Pflege von Angehörigen oder Kindererziehung) Anwartschaften in der gesetzlichen RV erworben werden. Somit gehen geringe Beitragszeiten nicht zwangsläufig mit einer geringeren Zahl an Arbeitsjahren einher, etwa wenn im Lebensverlauf ein Wechsel in ein Beamtenverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit erfolgt. Umgekehrt ist aus diesem 9 9 Laut ASID 2019 beziehen rd. 42 % der männlichen Versicherten mit einer gesetzlichen Rente von unter 350 EUR Leistungen aus einer Beamtenversorgung, weitere rd. 15 % Einkommen aus anderen eigenen Alterssicherungsleistungen. Bei den Frauen ist das nicht der Fall, d. h., es besteht in der Regel keine nennenswerte weitere eigene Alterssicherung. und anderen Gründen ein Rückschluss von der Höhe der gesetzlichen Rente auf das Alterseinkommen der Versicherten nicht möglich. So zeigt der Alterssicherungsbericht 2020 der Bundesregierung u. a., dass die Haushalte mit den niedrigsten Einkommen aus gesetzlicher Rente im Schnitt sogar über höheres Alterseinkommen verfügen als der Durchschnittshaushalt 10 10 Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2020. Ergänzender Bericht der Bundesregierung zum Rentenversicherungsbericht 2020 gemäß § 154 Abs. 2 SGB VI (Alterssicherungsbericht). .

 

 

3.1 Werte aus der Rentenberechnung

Anhand der Rentenbestandsstatistik können auf Basis rentenrechtlich relevanter Merkmale Rückschlüsse auf die Versicherungsbiographie und auch auf die Rentenhöhe vorgenommen werden. Im Folgenden wird daher auf die Zahl der Jahre an Beitragszeiten, die durchschnittlichen je Beitragsjahr erworbenen Entgeltpunkte sowie die Höhe der gesetzlichen Rente (Rentenbetrag) für die Gruppe der Rentenbeziehenden ohne Hinzuverdienst, mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung sowie mit einem Minijob neben der Rente eingegangen. In Tabelle 4 sind die Durchschnittswerte übersichtsweise dargestellt. Außerdem abgebildet ist das Alter am Jahresende des Berichtsjahres 2022 sowie das Alter zum erstmaligen Rentenbeginn.

Insgesamt lassen sich anhand dieser Durchschnittsangaben die folgenden Regelmäßigkeiten feststellen:

  • Personen mit einem Hinzuverdienst neben dem Altersrentenbezug weisen tendenziell längere Beitragszeiten auf als Personen ohne Hinzuverdienst.
  • Mehr als geringfügig Beschäftigte haben im Schnitt höhere durchschnittliche Entgeltpunkte aus Beitragszeiten je Beitragsjahr als Personen ohne Hinzuverdienst. Minijobber haben im Schnitt geringere Entgeltpunkte je Beitragsjahr.
  • Beschäftigte Altersrentenbezieher haben im Durchschnitt höhere Renten als Personen ohne Hinzuverdienst. Das gilt jedoch nicht für Minijobber bis zur Regelaltersgrenze.

Im Folgenden sollen diese Punkte qualitativ erläutert werden. Zunächst einmal ist es für die Interpretation der Werte bis bzw. ab der Regelaltersgrenze wichtig festzustellen, dass Personen im Alter bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze durch das schmale Alterssegment (im Wesentlichen 62 bis 65,8 Jahre 11 11 Die im Februar bis Dezember 1956 Geborenen erreichten im Jahr 2022 die Regelaltersgrenze im Alter von 65 Jahren und 10 Monaten, die im Januar 1957 Geborenen im Alter von 65 Jahren und 11 Monaten. ) sowie durch die höheren Zugangsvoraussetzungen in den vorgezogenen Rentenarten in Bezug auf Beitragsjahre und dementsprechend auch auf die Rentenhöhe ähnliche Werte aufweisen. So weisen alle drei Gruppen im Schnitt mehr Beitragsjahre und höhere Rentenbeträge auf als Rentenbezieher ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze. Die Verteilung der Beitragsjahre für Rentenbeziehende bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ist in Abb. 4a als Fallzahl aller Rentenbeziehenden (blaue Balken) dargestellt. Die Anteile mit einem Hinzuverdienst in den beiden Kategorien mehr als geringfügiger und geringfügiger Beschäftigung ist in den durchgezogenen Linien dargestellt. Deutlich erkennbar ist, dass mit zunehmender Zahl an Beitragsjahren insbesondere der Anteil der mehr als geringfügig Beschäftigten zunimmt.

 

Tabelle 4: Durchschnittliche Werte zur Rentenhöhe und Versichertenbiographie nach Hinzuverdienststatus

Altersgruppe
Bis RegelaltersgrenzeAb RegelaltersgrenzeInsgesamt
MittelwertMedianMittelwertMedianMittelwertMedian
Alter am Ende des Berichtsjahres
-kein Hinzuverdienst64,36472,47271,872
-mehr als geringfügig beschäftigt64,36469,46868,367
-nur Minijob64,36470,26969,369
Beitragsjahre
-kein Hinzuverdienst42,444,834,138,534,939,4
-mehr als geringfügig beschäftigt44,445,936,840,538,542,6
-nur Minijob42,745,137,041,838,142,7
Durchschnittliche EGPT aus BZ
-kein Hinzuverdienst0,990,940,890,830,900,84
-mehr als geringfügig beschäftigt0,980,940,920,860,940,88
-nur Minijob0,900,850,870,820,880,83
Rentenbetrag
- kein Hinzuverdienst1 5101 4651 1981 1591 2231 186
- mehr als geringfügig beschäftigt1 5661 5301 3041 2511 3581 323
- nur Minijob1 4281 3661 2681 2511 2941 273
Alter bei Rentenbeginn
-kein Hinzuverdienst63,16363,56463,464
-mehr als geringfügig beschäftigt63,66464,66564,465
-nur Minijob63,16363,86463,664

Hinweise: Renten wegen Alters mit einem Alter zwischen 60 und 80 Jahren ohne Auslandsrenten.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Versicherte 2022 und Rentenbestand am 31.12.2022.

 

Demgegenüber ist die Gruppe im Alter ab der Regelaltersgrenze sehr heterogen. Durch die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren gibt es jenseits der Regelaltersgrenze eine hohe Zahl an kurzen Versicherungsbiographien mit entsprechend geringen Summen an Beitragsjahren und geringen Rentenhöhen (vgl. Abb. 4b). Auf der anderen Seite finden sich auch bei der Regelaltersrente häufig Personen mit vielen Beitragsjahren und überdurchschnittlich hohen Renten; zudem wächst der Bestand der vorgezogenen Altersrenten graduell in den Altersbereich ab der Regelaltersgrenze hinein. Der Zusammenhang zwischen Beitragsjahren und Erwerbstätigkeit neben der Rente ist auch ab der Regelaltersgrenze positiv. Vor allem Rentenbeziehende mit weniger als 25 Beitragsjahren weisen signifikant weniger häufig eine geringfügige und eine nicht geringfügige Beschäftigung auf, Personen mit mindestens 45 Beitragsjahren haben besonders hohe Beschäftigungsquoten, insbesondere in geringfügiger Beschäftigung.

 

Abb. 4: Anteil mit mehr als geringfügiger Beschäftigung und mit Minijob nach verschiedenen rentenrechtlichen Merkmalen für Beziehende einer Rente wegen Alters vor und ab der Regelaltersgrenze

Hinweise: Die Linien stellen die Anteile an Rentenbeziehenden dar, die Balken die Gesamtzahl der Rentenbeziehenden in den verschiedenen Gruppen. Anteile in Klassen mit geringer Fallzahl nicht dargestellt. Ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze zusätzlich Darstellung der Rentenbeziehenden mit mindestens 35 Beitragsjahren. Renten wegen Alters im Alter zwischen 60 und 80 Jahren ohne Auslandsrenten.
Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung: Versichertenstatistik 2022 und Rentenbestand am 31.12.2022.

 

Während die Anzahl der Beitragsjahre die Dauer des Erwerbslebens bzw. den Anteil gesetzlich rentenversicherter Zeiten im Erwerbsleben widerspiegelt, kann die durchschnittliche Anzahl der je Beitragsjahr erworbenen Entgeltpunkte zumindest als Anhaltspunkt für die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen bzw. des Arbeitslohns dienen, denn in der Regel handelt es sich um Beitragszeiten wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung. Abb. 4c und Abb. 4d zeigen die Beschäftigungsquoten bis zur und ab der Regelaltersgrenze für Gruppen mit unterschiedlich hohen durchschnittlichen Entgeltpunkten. Bzgl. des Anteils der mehr als geringfügig Beschäftigten ist zunächst kein eindeutig positiver oder negativer Zusammenhang festzustellen. Anders verhält es sich bei der Minijobquote, insbesondere vor der Regelaltersgrenze, für die ein deutlicher negativer Zusammenhang besteht; Personen, die im Schnitt nur zwischen 0,33 und 0,67 Entgeltpunkten erworben haben, weisen mit rd. 19 % rund doppelt so häufig einen Hinzuverdienst auf wie Personen in der höchsten Kategorie von mindestens rd. 1,33 Entgeltpunkten (rd. 9 %). Ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze ist der Zusammenhang unter allen Rentenbeziehenden nicht eindeutig. Beschränkt man die Betrachtung jedoch auf Personen mit mindestens 35 Beitragsjahren und schließt somit jene Fälle aus, die nur kurz in die gesetzliche RV eingezahlt haben, zeigt sich auch ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze, dass Minijobs tendenziell häufiger von Personen ausgeübt werden, die im Schnitt je Beitragsjahr weniger Entgeltpunkte erworben haben. Die Beschränkung der Fallgruppe auf Versicherte mit mindestens 35 Beitragsjahren ist in Abb. 4 jeweils durch gestrichelte Linien bzw. schaffierte Flächen kenntlich gemacht.

Die in Tabelle 4 dargestellten Unterschiede in der Rentenhöhe lassen sich somit anhand der Zahl der Beitragsjahre und durchschnittlichen Entgeltpunkte erklären. Die Erwerbstätigenquote ist nach dem Rentenbetrag aufgegliedert in Abb. 4e und 4f dargestellt. Festzuhalten ist, dass ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor allem die Beziehenden niedriger Renten unter 600 EUR geringe Beschäftigungsquoten neben Altersrentenbezug aufweisen. Das betrifft auch die Minijobber und ist primär Personen mit niedrigen Beitragszeiten geschuldet (vgl. die Verteilung der Rentenhöhe mit mindestens 35 Beitragsjahren in derselben Abb.) Vor der Regelaltersgrenze zeigt sich, dass Minijobs eher durch Personen mit niedrigeren Renten zwischen 400 und unter 1 400 EUR ausgeübt werden und mehr als geringfügige Beschäftigungen eher in der oberen Hälfte der Verteilung bzw. ab etwa 1 400 EUR häufiger vertreten sind. Auch an dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass die Höhe der gesetzlichen Rente allein nicht auf die Höhe des verfügbaren Alterseinkommens schließen lässt und die Versicherungskonten der Deutsche Rentenversicherung nicht über ausreichende Informationen zum Haushaltskontext oder zu den sonstigen Alterseinkommen verfügen. Künftig erscheint es vielversprechend, die im Forschungsprojekt SOEP-RV 12 12 Das Projekt SOEP-RV ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Deutschen Rentenversicherung Bund und dem Sozio-Oekonomischen Panel. Vgl. Luethen et al. 2022, SOEP-RV: Linking German Socio-Economic Panel Data to Pension Records, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 242, 2, S. 291-397. durch Verknüpfung des Sozio-oekonomischen Panels mit den Versicherten- und Rentendaten der Deutschen Rentenversicherung gewonnenen Informationen auszuwerten.

In der Gesamtschau der betrachteten Merkmale ergeben sich die eingangs genannten Fakten. Als Erklärungsansatz kommen verschiedene Faktoren infrage, die sowohl die Rentenparameter (wie die Zahl der Beitragsjahre) als auch die Erwerbstätigkeit nach Rentenbeginn beeinflussen. Möglich wäre es etwa, dass gesundheitliche oder soziale Faktoren sich gleichermaßen positiv (oder negativ) auf die Erwerbsbiographie bis zum Rentenbeginn auswirken und eine Erwerbstätigkeit nach Rentenbeginn befördern (oder erschweren). Ähnlich wirken sich Faktoren der Arbeitskräftenachfrage darauf aus, ob jemand als Fachkraft auch im Rentenalter noch gute Beschäftigungschancen hat oder ob sich bereits (deutlich) vor dem Rentenbeginn die berufliche Situation als schwierig erweist. Daher wird Im folgenden Abschnitt gesondert die Erwerbstätigkeit in den Jahren vor dem Rentenbeginn betrachtet.

4. Zusammenhang zur Erwerbstätigkeit in den Jahren vor dem Altersrentenbeginn

In diesem Abschnitt wird die Rolle des Rentenübergangs betrachtet. Zu den grundlegenden Konzepten gehört in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen dem Zeitpunkt des Altersrenteneintritts und dem Austritt aus dem Erwerbsleben. Diese Zeitpunkte fallen zwar oft, aber nicht immer zusammen. Um den Fokus auf den Rentenübergang zu legen, wird die in den vorigen Abschnitten betrachtete Grundgesamtheit (Renten wegen Alters im Alter zwischen 60 und 80 Jahren am 31.12.2022 ohne Auslandsrenten) auf diejenigen Rentenbeziehenden beschränkt, deren laufende Rente in den Jahren 2021 oder 2022 gewährt wurde und die zu keinem früheren Zeitpunkt eine Rente wegen Alters oder wegen Erwerbsminderung bezogen. Renten wegen Erwerbsminderung, die in eine Rente wegen Alters umgewandelt wurden, sind folglich nicht enthalten.

Anhand der in Abb. 5a dargestellten Verbleiberate in (mehr als geringfügiger) Beschäftigung in den fünf Jahren vor dem Rentenbeginn ist ersichtlich, dass von den Fällen mit Rentenbeginn in den Jahren 2021/2022 etwas mehr als die Hälfte (55 %) der in diesen Jahren in Altersrente gegangenen Personen nahtlos aus der (rentenversicherten) Erwerbstätigkeit in den Ruhestand wechselte 13 13 Anhand der Rentenzugangsstatistik 2022, die hinsichtlich des Rentenbeginns eine vergleichbare Abgrenzung darstellt, ergibt sich eine Quote von rd. 52 %. . Höher ist die Zahl der Personen, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor Rentenbeginn noch beschäftigt waren; ihr Anteil beträgt rd. 68 %. Zusätzlich zu Personen mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung beträgt der Anteil von Personen, die im Jahr vor dem Rentenbeginn lediglich mit einem Minijob beschäftigt sind, etwa 5 %. Dieser Anteil ist in Abb. 5b zu erkennen. Weiterhin üben rd. 6 % der im Vorjahr des Rentenbeginns mehr als geringfügig Beschäftigten einen Minijob im Nebenerwerb aus.

Insgesamt 35 % aller vor dem Rentenbezug nicht Beschäftigten weisen einen Leistungsbezug in Form von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder sonstigem Leistungsbezug (z. B. Krankengeld) nach § 3 Abs. 3 und 3a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf. Während rentenversicherungspflichtige Selbständige und Pflegepersonen nur einen kleinen Anteil an den vormals nicht Beschäftigten ausmachen, hatten rd. 59 % einen sonstigen bzw. unbekannten Status. Es handelt sich hierbei zum überwiegenden Teil um passiv Versicherte. Das können z. B. Beamte und Selbständige sein, deren Beitragszeiten in der gesetzlichen RV länger zurückliegen. Bezieht man diese Formen der Erwerbstätigkeit mit ein, würde sich eine entsprechend höhere Erwerbstätigenquote im Jahr vor dem Rentenbezug ergeben 14 14 Laut den Ergebnissen des jüngsten Alterssicherungsberichts (BMAS, 2020) waren rd. 7 % aller Personen ab dem Alter 65 zuletzt in einem Beamtenverhältnis beschäftigt; von diesen bezogen rd. 37 % eine Rente der gesetzlichen RV. Etwa 11 % gaben an, zuletzt selbständig gewesen zu sein, darunter mit einem Anteil von 78 % mit Bezug einer Rente der gesetzlichen RV. Da insgesamt hochgerechnet rd. 89 % aller Personen im Alter ab 65 Jahren Einkommen aus einer Rente der gesetzlichen RV bezogen, ergibt sich implizit ein Anteil von etwa 13 % an Beamten oder Selbständigen an den Beziehern einer Rente der gesetzlichen RV ab 65 Jahren. .

 

Abb. 5: Beschäftigungsstatus vor und nach Rentenbeginn für Personen mit Altersrentenbeginn in den Jahren 2021/2022

Hinweise: Fälle mit einem Rentenbeginn in den Jahren 2021/2022 ohne umgewandelte EM-Renten oder Renten mit einem früheren Bezug einer Versichertenrente. Mehr als geringfügige Beschäftigung einschließlich Beschäftigung mit einem Entgelt im Übergangsbereich oder nach dem Altersteilzeitgesetz. Renten wegen Alters im Alter zwischen 60 und 80 Jahren ohne Auslandsrenten.
Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Versicherte der Jahre 2015-2022 und Rentenbestand am 31.12.2022.

 

Naturgemäß ist die Quote derjenigen, die nach dem Rentenzugang weiterhin beschäftigt sind, unter den Personen, die bis zum Renteneintritt beschäftigt waren, höher. Denn zum einen können die genannten individuellen Faktoren des Arbeitsangebots (u. a. Gesundheit, soziale Faktoren, aber auch finanzielle Umstände) sowie der Arbeitsnachfrage (Arbeitsmarktsituation) über den Renteneintritt hinweg zumindest teilweise Bestand haben. Zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass es in vielen Fällen die Möglichkeit der Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses gibt oder dass die Suche nach einer geeigneten Stelle sich dadurch einfacher gestaltet, dass noch eine starke Anbindung an den Arbeitsmarkt besteht.

Abb. 5c zeigt den Anteil der verschiedenen Erwerbsstatus für Rentenbeziehende am 31.12.2022 unterschieden nach dem Erwerbsstatus im Jahr vor dem Altersrentenbeginn (erneut mit Beschränkung auf Altersrenten mit Rentenbeginn 2021/2022). Hinsichtlich der Beschäftigung vor und nach Rentenbeginn zeigt sich eine hohe Pfadabhängigkeit der einzelnen Beschäftigungsformen, insbesondere bei den Minijobbern. So waren Personen mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung vor Rentenbeginn in 30 % aller Fälle nach dem Rentenbeginn beschäftigt, darunter zu 13 % in einer mehr als geringfügigen Beschäftigung und zu 17 % in einem Minijob. Personen die vor dem Rentenbeginn lediglich in einem Minijob arbeiteten, weisen sogar eine höhere Beschäftigungsquote von 62 % nach Rentenbeginn auf; in diesen Fällen handelt es sich fast immer weiterhin um einen Minijob. Rentenbeziehende, die im Jahr vor dem Rentenbeginn keine Beschäftigung (im Sinne einer beitragspflichtigen Beschäftigung) ausübten, sind nur in wenigen Fällen (6 %) neben der Rente beschäftigt.

Die Erwerbstätigkeit unmittelbar vor dem Rentenzugang weist demnach einen starken statistischen Zusammenhang zur Beschäftigung nach Renteneintritt auf. Wenig überraschend ist zudem, dass der Erwerbstatus vor dem Rentenzugang auch ein valider Indikator für die im vorherigen Abschnitt betrachteten rentenrechtlichen Merkmale ist. So zeigt sich in Abb. 6, dass Personen, die in den letzten fünf Jahren vor dem Altersrentenbeginn nicht mehr als geringfügig beschäftigt waren, wesentlich geringere Summen an Beitragszeiten aufweisen als Personen mit einem Renteneintritt aus Erwerbstätigkeit. Weniger eklatant ist der Unterschied bei den durchschnittlichen Entgeltpunkten aus Beitragszeiten und deutlicher treten die Unterschiede bei den Rentenbeträgen hervor. Z. B. haben Personen, die im Jahr vor dem Rentenbeginn beschäftigt waren, mit rd. 1 554 EUR im Median mehr als das 2,5-Fache des Rentenbetrags von Personen, die in den letzten fünf Jahren vor Rentenbeginn keine mehr als geringfügige Beschäftigung ausgeübt haben (Median: rd. 577 EUR). Wie bereits dargelegt, verfügen viele Personen mit sehr geringen Renten über signifikante andere (eigene) Altersabsicherungen. Ein Rückschluss auf die Höhe des gesamten Alterseinkommens ist daher nicht möglich. Dennoch wurde die Rentenhöhe an dieser Stelle mit in die Betrachtung aufgenommen, um den Zusammenhang zwischen Erwerbstätigkeit neben der Rente, rentenversicherungspflichtiger Beschäftigung vor dem Rentenbeginn und dem Beitrag der gesetzlichen Rente zur Alterssicherung differenziert zu beschreiben. Im Ergebnis zeigt sich, dass die im Schnitt höheren Renten beschäftigter Rentenbezieher am ehesten ein Anzeichen dafür sind, dass eine Erwerbstätigkeit neben der Rente vor allem von gut in den Arbeitsmarkt integrierten bzw. lange in die gesetzliche RV einzahlenden Personengruppen ausgeübt wird.

 

Abb. 6: Verteilung der Summe der Beitragsjahre, durchschnittlichen Entgeltpunkte aus Beitragszeiten je Beitragsjahr und Rentenbetrag nach dem Status der Beschäftigung vor Altersrentenbeginn

Hinweise: Boxplot-Diagramme stellen die Verteilung anhand des 25- und 75-%-Quantils (untere und obere Kastenbegrenzung), des Medians (horizontale Linie im Kasten) sowie des 1- und 99-%-Quantils (unteres und oberes Ende der Antennen) dar. Fälle mit einem Rentenbeginn in den Jahren 2021/2022 ohne umgewandelte EM-Rente oder Renten mit einem früheren Bezug einer Versichertenrente. Beschäftigungsstatus vor dem Rentenbeginn ohne geringfügige Beschäftigung und jeweils am Ende des Berichtsjahres in den letzten fünf Jahren vor dem Rentenbeginn. Ohne Personen mit Nullwerten bei Beitragszeiten, Entgeltpunkten oder Rentenbetrag.
Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung - Versicherte der Jahre 2015-2022 und Rentenbestand am 31.12.2022.

5. Fazit

Die Beschäftigung neben Rentenbezug stellt für viele Altersrentenbeziehende eine zusätzliche Einkommensquelle neben ihrer gesetzlichen Rente dar. Dabei sind es in der Regel geringfügige Beschäftigungen, die vor allem von Beziehern mit längeren Erwerbsbiographien und höheren Rentenzahlbeträgen ausgeübt werden. Insbesondere die Erwerbstätigkeit in den Jahren vor Altersrentenbeginn hat einen hohen Vorhersagewert für eine Erwerbstätigkeit über den Rentenbeginn hinaus. Etwa 55 % der Altersrentner mit Rentenbeginn in den Jahren 2021/2022 übten am Jahresende vor dem Beginn der Rente eine mehr als geringfügige Beschäftigung aus. Unter diesen entschieden sich etwa 30 % für eine Erwerbstätigkeit neben der Rente, darunter 13 % in einer mehr als geringfügigen Beschäftigung und 17 % im Minijob. In der Gruppe der Personen ohne einen „nahtlosen Rentenübergang“ waren lediglich 6 % neben dem Rentenbezug beschäftigt, darunter nur rd. 1 % in einer mehr als geringfügigen Beschäftigung.

Somit rücken die Ergebnisse auch jene Faktoren in den Mittelpunkt, die die Beschäftigung älterer Erwerbspersonen allgemein, d. h. auch in den Jahren vor dem Rentenbeginn positiv beeinflussen. In erster Linie ist in dieser Hinsicht an individuelle Faktoren (Gesundheit, berufliche Qualifizierung) oder die Rahmenbedingungen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu denken. Die Ergebnisse stehen teilweise im Einklang mit wissenschaftlichen Studien, denen zufolge häufig nichtmonetäre Aspekte die Motivationsgrundlage für eine Beschäftigung neben dem Rentenbezug bilden 15 15 Vgl. Körner, Meinken und Puch, 2013. Wer sind die ausschließlich geringfügig Beschäftigten? Eine Analyse nach sozialer Lebenslage. Wirtschaft und Statistik, Januar 2013, Statistisches Bundesamt sowie Romeu Gordo, Gundert, Engstler, Vogel und Simonson, 2022. Erwerbsarbeit im Ruhestand hat viele Gründe – nicht nur finanzielle. IAB-Kurzbericht 8/22, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. . Mehr Forschungsarbeit hierzu ist nötig, um möglicherweise limitierende Faktoren bei der Gestaltung des flexiblen Rentenübergangs zu identifizieren.

Die Ergebnisse verdeutlichen auch, dass der gleitende Rentenübergang mit einer Kombination aus Teilzeitarbeit und parallelem Rentenbezug weiterhin kein in der Breite favorisiertes Modell darstellt. Das wurde in Studien auch vereinzelt auf institutionelle Faktoren zurückgeführt, z. B. auf eine unzureichende Bekanntheit der rechtlichen Möglichkeiten 16 16 Vgl. BMAS, BKAmt und Destatis, 2022. oder auf eine fehlende finanzielle (steuerliche) Attraktivität von Hinzuverdiensten 17 17 Beznoska, Schüler, 2023. Lohnt sich der Hinzuverdienst bei vorgezogenem Rentenbezug? IW-Kurzbericht, Nr. 40, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln. . Mit der Abschaffung der Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten zum 1.1.2023 hat der Gesetzgeber die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Ausübung einer mehr als geringfügigen Beschäftigung vereinfacht und finanzielle Hürden insbesondere für Bezieher einer abschlagsfreien vorgezogenen Altersrente erheblich reduziert. Daten zur Inanspruchnahme der Neuregelung werden mit Veröffentlichung der Versichertenstatistik 2023 zum Ende des Jahres 2024 vorliegen.

RVaktuell 2/2024
Die Ergebnisse der neuen Statistik von Personen mit geförderten Riester-Verträgen in der Auszahlungsphase („Riester-Auszahlungsstatistik“) wurden vor Kurzem auf der Internetseite des BMF veröffentlicht. Sie ergänzen die Ergebnisse der Statistik über die Personen mit Riester-Verträgen in der Förderphase („Riester-Förderstatistik“). Der Beitrag basiert auf den im Internet veröffentlichten Auswertungsergebnissen und konzentriert sich auf alle Personen mit mindestens einem, sich in der Auszahlung befindlichen und gefördertem Riester-Vertrag zum Auswertungsstichtag 15.5.2023. Auswertungsinhalte sind Fallzahlen und jährliche Auszahlungsvolumen sowie durchschnittliche jährliche Auszahlungsbeträge (Median) differenziert nach folgenden Merkmalen: Einfach- und Mehrfachleistungsbezug einer Riester-Rente nach Auszahlungsform, Geschlecht, Alter, Wohnort und nach dem Gesamtleistungsbetrag. Aufgrund von steuerlichen Besonderheiten werden Personen mit Auszahlungen aus einem geförderten „Wohn-Riester“-Vertrag nur nachrichtlich ausgewiesen.

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